Freundschaftsverein Tczew-Witten e.V.



"Begegnungen mit Zeitzeugen - Spurensuche zur deutschen-polnischen Geschichte" -
Jugendbegegnungsprogramm vom 2. bis 9. 6. 2006 in Tczew

Der "Verein der Geschädigten des Dritten Reiches in Polen" Kreis Tczew (Stowarzyszenie Polaków poszkodowanych przez III Rzesze) bietet der 9. Klasse der Rudolf Steiner Schule Witten für Anfang Juni die Organisation eines Besuches in Tczew an. Gemeinsam mit dem Freundschaftsverein wird die Gestaltung des Programms, die Zusammenarbeit mit dem katholischen Lyceum in Tczew, sowie die Finanzierung des Vorhabens organisiert.
Diese Einladung an eine Wittener Schulklasse ist ein Ergebnis der Zusammenarbeit der beiden Vereine in Tczew und Witten: Im Jahr 2004 wurden Interviews mit ehemaligen polnischen Zwangsarbeitern durchgeführt. Anläßlich des "Tages der Befreiung" besuchte im April 2005 eine Gruppe ehemaliger polnischer Zwangsarbeiter auf Einladung des Freundschaftsvereines die Stadt Witten. Die Männer und Frauen erzählten in Wittener Schulen aus ihrem Leben.
Die Schüler der Waldorfschule wurden auch deshalb nach Polen eingeladen, weil die Chorleiterin Susanna Dornwald einige Jahre lang mit dem Kinderchor "Biedronki" aus Tczew zusammenarbeitete.
Der Weg zu einem deutsch-polnischen Miteinander braucht viele kleine Schritte. Die Schwierigkeit der Verständigung liegt nur zum kleinen Teil in der Sprache. Tatsächlich belastet die deutsche Unkenntnis der Geschichte das Vertrauen. Hieran wollen Wittener und Tczewer Schüler eine Woche lang gemeinsam arbeiten. Die Ergebnisse sollen während eines Schulfestes in Tczew präsentiert werden.






Deutsch-polnisches Jugendbegegnungsprojekt in Tczew

Gemeinsame Pressemitteilung 
des Freundschaftsvereines Tczew - Witten e. V. 
und der Klasse 9 der Rudolf-Steiner-Schule Witten; die Klassenlehrer Frau Strothmann-Rath, Herr Hausmann und Herr Meurer als Vertreter der Eltern

Witten, den 29. 5. 2006

Waldorfschüler fahren nach Tczew

Vom 2. bis zum 9. Juni fährt die neunte Klasse der Rudolf-Steiner-Schule Witten zu einer deutsch-polnischen Jugendbegegnung in die Partnerstadt Tczew in Polen. 
Die 34 Schülerinnen und Schüler werden in Tczew mit einer Klasse des katholischen Lyceums in Tczew zusammentreffen und gemeinsam ein Projekt zur Erforschung von Spuren der gemeinsamen deutschen und polnischen Geschichte in Tczew durchführen.
Der Besuch geht zurück auf die im letzten Jahr anläßlich des 60. Jahrestages der Befreiung vom Freundschaftsverein Tczew-Witten nach Witten eingeladenen Gruppe ehemaliger polnischer Zwangsarbeiter, die unter anderem auch in der Waldorfschule an der Billerbeckstraße aus ihrem Leben berichteten. Bei diesem Besuch erhielt die neunte Klasse der Schule vom Verein der ehemaligen Zwangsarbeiter in Tczew die Einladung in diesem Jahr nach Tczew zu kommen. Während der Verein der Naziopfer in Tczew das Besuchsprogramm vor Ort vorbereitete, organisierte der Freundschaftsverein die Fahrt und die Finanzierung des anspruchsvollen Projektes. 
Während der Begegnungswoche bilden die Schüler beider Schulen kleine deutsch-polnisch gemischte Arbeitsgruppen und werden historische Recherchen und Interviews mit Zeitzeugen durchführen. Ziel ist es dabei, das Zusammenleben von Deutschen und Polen genauer zu untersuchen. Es geht hierbei um die Zeit vor, während und nach dem Zweiten Weltkrieg. Das Leiden der polnischen Zwangsarbeiter soll in Interviews mit letzten Zeitzeugen erfahren werde. Es sollen aber auch die Flucht und Aussiedlung der deutschen Bevölkerung als Folge des Krieges beleuchtet werden. Der Blick der jungen Forscher wird sich dann auch noch auf die Bewegung zur Demokratisierung der polnischen Gesellschaft in den 1980'er Jahren richten. Das katholische Lyceum und die Waldorfschule haben sich im laufenden Schuljahr im Unterricht intensiv auf das Projekt vorbereitet. Die Schüler werden ihre Erkundigungen selbstständig durchführen und auf diese Weise einen ungefilterten Zugang zu Berichten und Meinungen über die Geschichte erfahren. Die deutsch-polnische Verständigung wird hier ganz konkret praktiziert, da die Schüler mit ihren Fremdsprachenkenntnissen zusammenkommen und zu gemeinsamen Ergebnissen kommen müssen.
Wir sind sehr froh, daß es gelungen ist mit der Schule in Tczew eine vertrauensvollen Zusammenarbeiten zu erreichen, bei der über die schwierigen Fragen an die Geschichte vorbehaltlos gesprochen werden wird. Eine fundierte Kenntnis der Geschichte ist unserer Ansicht nach notwendig, um die Gefahren für Demokratie, Freiheit und Frieden frühzeitig erkennen zu können. Die Rudolf-Steiner-Schule Witten erinnert mit einem Denkmal auf ihrem Schulhof daran, daß das heutige Gelände der Schule in der Zeit des Zweiten Weltkrieges ein Lager für Zwangsarbeit des Gußstahlwerkes Witten war. In den letzten Jahren waren die von Frau Dornwald zur Aufführung gebrachten Kinderopern mit Darstellern aus Tczew und Witten Werke der aktiven Erinnerung. Mit der diesjährigen Begegnungsfahrt will die Schule für die Bedeutung von Demokratie und Menschenrechten sensibilisieren. 
Das Projekt wird vom Deutsch-Polnischen Jugendwerk und dem Partnerschaftsfonds finanziell unterstützt. Besonders danken möchten wir den Spendern des Freundschaftsvereines Tczew - Witten, die die Durchführung des Projektes erst möglich gemacht haben.
Weitere Informationen über diese Schulbegegnungswoche finden Sie unter www.tczew-witten.de/aktuell





Dziennik Baltycki. Tczew, 22.06.2006


Schüler aus Witten zu Gast in Sambors Burg -
Suche nach der Wahrheit

Im Katholischen Lyzeum wurde das Projekt der Zusammenarbeit mit der Wittener Schule vorgestellt. Jede der deutsch-polnischen Gruppen hat über ihre Untersuchungen erzählt. Aus Witten sind 34 Schüler nach Tczew gekommen. Die polnischen und deutschen Jugendlichen wurden nach Themen in 11 Gruppen eingeteilt, in denen solche Fragen besprochen wurden, wie: Umsiedlungen der Deutschen nach dem II. Weltkrieg, Kriegserinnerungen, Themen zur Freistadt Danzig, Widerstandsbewegung, Schulwesen der Kriegszeit und Themen zur Frage "Solidarnosc". Die jungen Menschen haben sich selbst die Informationen zu diesen Themen gesucht. "In meiner Gruppe waren 4 Jungen aus der deutschen Schule", sagt Natalia Janas, Schülerin des Katholischen Lyzeum. Sie haben uns geholfen, den Text in deutscher Sprache zu schreiben. Natalia sagte uns, dass die Geschichte von Pommern die deutschen Schüler verwundert habe. Sie waren sich überhaupt nicht über die große Zahl der Konzentrationslager im Klaren. Sie kennen nur die nichts sagende Ziffern über den II. Weltkrieg aus dem Lehrbuch. Hanna Alaszewska vom Katholischen Lyzeum hat sich mit dem Thema polnische Zwangsarbeiter im III. Reich beschäftigt. "Ich habe den deutschen Schülern Dokumente aus der Zeit gezeigt", sagte uns Hania.

Agnieszka Szczerba war mit den deutschen Schülern in der Burg in Gniew, wo sich in der Kriegszeit ein Lager für Zwangsarbeiter befand. "Wir haben auch Vorlesungen zum Schulwesen in Pommern während der Okkupationszeit gehört, dass man keine polnische Geographie, Geschichte und Sprache lernen durfte", sagte Monika Lubowiecka, die Lehrerin, die das Programm koordinierte. Man hat auch über die "Solidarnosc" gesprochen.

Ich sehe die Fahrt nach Polen nicht als an einen Ausflug, das ist für mich eine Suche nach der Geschichte" - sagte Magdalena Lösch. "Ich entdecke Themen, die verschwiegen worden sind. Ich habe nur gewusst, dass Deutsche Polen Unrecht angetan haben, sonst nichts mehr".

Wir haben die deutsche Lehrerin Gerti Strothmann gefragt, warum man erst jetzt so viele Jahre nach dem Krieg die Wahrheit über diese Ereignisse sucht. "Auf dem Grundstück unserer Schule war in der Kriegszeit ein Lager für Zwangsarbeiter", sagte Gerti Strothmann, "deshalb interessieren wir uns für das Thema". Der Schul-Ort inspirierte die Suche. Die Jugendlichen wollten sich daher ein tieferes Wissen zu diesem Thema erarbeiten. Vor drei Jahren wurde das Gelände um die Schule erneuert und bei der Gelegenheit wurden Überreste der Mauern entdeckt, die jetzt in der Schule ein Denkmal sind.

Józef Ziólkowski

Dziennik Baltycki. Tczew, 22.06.2006, Beilage Kociewie S. 5





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