Von Sylvia Lukassen
Auf zehn Jahre Städtepartnerschaft blicken Witten und Tczew im Mai 2009 zurück. Zehn Jahre, in denen der Freundschaftsverein Tczew Witten aktiv an der Versöhnung und Völkerverständigung zwischen Deutschen und Polen gearbeitet hat - aktiv und real. Denn Reinhold Spratte vom Freundschaftsverein sagt: „Es geht uns um einen realistischen Begriff von
"Partnerschaft ist sehr lebendig"
Versöhnung. Wir wollen offen diskutieren und eine Versöhnung erreichen, die trägt."
Dieses Anliegen - und durchaus kein bescheidenes - spiegelt sich im kulturellen Jahresprogramm des Vereins wider. Das Spektrum der Literaturveranstaltungen beginnt bei jungen polnischen Autoren und endet bei Literaturnobelpreisträger (1999) Günter Grass, dessen Werk "Die Blechtrommel" im Fokus der Betrachtungen steht. Persönliche Schicksale wie das von Rosa Luxemburg und das vom Wittener Sozialdemokraten Adolf Fuchs können kennen gelernt, erläutert und diskutiert werden. ,,Rosa Luxemburg, Polin und Migrantin, ist eine große Persönlichkeit, die nicht in die Schmuddelecke des Kommunismus zu stecken ist", sagt Heide Dahlmann vom Freundschaftskreis und weckt Appetit auf mehr. Bereits am Dienstag, 27. Januar, lädt der Verein zu einem Lese- und Gesprächsabend "Menschenrechte - und das kurze Leben der Dr. Rosa L." ab 19 Uhr in die Buchhandlung Lehmkul (Marktstraße 5) ein.
Der aus Witten stammende Hans-Christian Dahlmann stellt am 17. Februar das deutsch-polnische Schicksal von Adolf Fuchs vor, der in Galizien geboren, aus Witten vertrieben und schließlich vergast wurde. "Unsere Veranstaltungen streben das Gespräch und die Reflexion an", sagt Peter Liedtke. Ein Film über Frauen aus Polen und Deutschland (10. März) ist ein weiterer Höhepunkt des Jahresprogramms.
Trotz der vielfältigen Bemühungen des Vereins stellt Peter Liedtke fest: "Die Städtepartnerschaft wird in der Öffent-
"Polnisch-stämmige Bürger anregen, mitzumachen"
lichkeit leider nicht so wahr genommen. Trotzdem ist sie aber sehr lebendig, denn es bestehen viele Kontakte, die ganz selbständig laufen." So gibt es zwischen zwei evangelischen Gemeinden regen Austausch, die Volleyballer aus Tczew besuchen das Turnier der TG Herbede seit 15 Jahren, die Holtzkamp Gesamtschule tauscht sieh mit einer berufsbildenen Schule aus, die Kämpen- und Pestalozzischule nahmen an Projekten in Polen teil. Es bewegt sich also eine ganze Menge und trägt zur Verständigung bei. Aber trotzdem hat Peter Liedtke einen Wunsch.,, Es wäre schön, wenn wir mehr polnischstämmige Mitbürger anregen könnten, bei uns mitzumachen. Aber das ist leider sehr schwierig."
Dabei sei das Interesse gerade auch von Kindern polnischer Aussiedler an Polen sehr groß, eben die Suche nach den Wurzeln, weiß Heide Dahlmann.
Die Stadt Tczew liegt am südlichen Rand des Weichseldeltas, 30 Kilometer von der Mündung der Weichsel in die Ostsee entfernt und zur polnischen Woiwodschaft Pommern. Rund 60 000 Einwohner leben dort. Tczew erhielt 1260 lübisches Stadtrecht und kam 1308 an den Deutschen Orden, 1466 wurde es polnisch. 1712 preußisch, 1920 wieder polnisch. Eine Feier anlässlich der zehnjährigen Städtepartnerschaft wird es Im September zur Zwiebelkirmes geben.
Westdeutsche Allgemeine Zeitung Witten. Samstag, den 24. 1. 2009
Von Lisa Timm
WITTEN • Für den Partnerschaftsverein Tczew-Witten bietet das Jahr 2009 viele Gelegenheiten, sich miteinander auszutauschen.
Gibt es doch eine Reihe von Tagen, die weiteren Anlass zum Erinnern und zum Gedenken geben. Neben dem zehnjährigen Bestehen der Städtepartnerschaft rundet sich die Beziehung der Stadt Witten zu ehemaligen deutschen Bürgern der Stadt Tczew, diee bis 1918 Dirschau hieß, ins 50. Jahr. „Auch ist der 70. Jahrestag des 1. September 1939, an dem der Überfall Nazi-Deutschlands auf Polen begann, für the deutsch-polnischen Beziehungen weiterhin von großer Bedeutung", so Peter Liedtke, Vorsitzender des Freundschaftsvereins.
Vor diesem Hintergrund geschichtlicher Ereignisse bietet der Verein ein aktuelle VeranstaItungsprogramm an das die Beziehungen zu der polnischen Partnern weiter vertiefen soll. So planen die Tczew-Freunde im Juli eine Radreise durch Polen, zu der jedermann herzlich willkommen ist. Auch gibt es vom 10. bis 18. Oktober eine Bürgerreise nach Tczew, Begegnungen mit Bürgern der Partnerstadt während der Zwiebelkirmes und umgekehrt bei den Tczewer Tagen in Polen.
Peter Liedtke ist froh darüber dass auch außerhalb der Aktivitäten des Freundschaftsvereins Beziehungen nach Tczew geknüpft wurden auf Gemeinde-, Sport- oder Schulebene.
Um polnische Besucher bei den unterschiedlichen Wittener Veranstaltungen unterbringen zu können, sucht der Verein noch Bürger, die den Gästen aus Tczew eine Unterkunft gewähren.
Neben Jahrestagen und Fahrten hat der Freundschaftsverein eine Reihe von Vortragsveranstaltungen vorbereitet. Die erste im neuen Jahr widmet sich gleich am kommenden Dienstag, 27. Januar, dem Thema „Menschenrechte - und das kurze Leben der Rosa L.“ Beginn ist um 19 Uhr in der Buchhandlung Lehmkul, Marktstraße 5.
Wer polnische Übernachtungsgäste unterbringen kann, melde sich beim Freundschaftsverein unter Tel.: 0172/4909369 oder bei Heide Dahlmann unter Tel.: 54620.
Ruhr Nachrichten Witten. Samstag, den 24. 1. 2009