Mit Beginn der Industrialisierung und des Steinkohlebergbaus an der Ruhr wanderten ca. eine halbe Million Polinnen und Polen aus den östlichen Gebieten Preußens ins Ruhrgebiet ein. Als gläubige Katholiken bildeten sie eine Minderheit in der protestantisch geprägten Gesellschaft des Königreiches Preußen, das damals den Großteil der nördlichen Landesteile des Deutschen Reiches umfasste. Die Eingliederung der Polen wurde in der Bundesrepublik des 20. Jahrhunderts oft als positives Beispiel für die Deutsch-Türken dargestellt. Tatsächlich verlief diese Integration aber auf beiden Seiten im höchsten Grade konfliktgeladen. Die polnischen Katholiken galten der protestantischen Obrigkeit im doppelten Sinne als "Reichsfeinde", doch blieben sie auch der sozialdemokratischen Arbeiterschaft fremd. Ob in der Kirche, im Sport, in den Geselligkeitsvereinen oder in der Politik nach anfänglichen Versuchen, in den bestehenden Organisationen der Einheimischen aufzugehen, blieben die Polen unter sich, kapselten sich ab und lebten in einer Weise, die wir heute als Parallelgesellschaft zu bezeichnen pflegen.
Der Vortrag des Wittener Historikers Dr. Frank Ahland nimmt die Polinnen und Polen, aber auch die Aufnahmegesellschaft gleichermaßen in den Blick. Der Schwerpunkt liegt auf dem Kaiserreich und den Jahren der Weimarer Republik.
Wir wollen mit dieser Diskussionsveranstaltung dazu einladen, vor dem Hintergrund der historischen Erfahrung auch über die heutigen Aufgaben und Schwierigkeiten der Intergration nachzudenken und dies auch mit Wählern und Kandidaten der ersten Integrationsratswahlen am 7. Februar 2010 diskutiern.
Der Vortrag von Dr. Frank Ahalnd steht im Zusammenhang mit einer geführten Fahrradtour durch Witten "Auf den Spuren der Polen", die wie in den letzten Jahren schon angeboten und durchgefüht haben und die wir auch weiterhin anbieten. Voraussetzung für eine solche Tour sind aber Wetterbedingungen, die ein Gespräch der Teilnehmer über die an den Stationen vorgetragenen Fakten ermöglicht.