Freundschaftsverein Tczew-Witten e.V.



Informations- und Gesprächsabend

Mittwoch, den 21. 4. 2010 um 19.00 Uhr

im Gemeindezentrum der evangelischen Johanniskirchengemeinde Witten

»Heimat«. Anmerkungen aus Literatur und Philosophie

Eine Veranstaltung mit Reinhold Spratte und Klaus Peter Kieselbach

Woran denken wir heute, wenn wir über den Begriff »Heimat« nachdenken?
Die Älteren denken vielleicht noch an Heimatfilme, die Jüngeren wahrscheinlich eher an Musiksendungen im Fernsehen, - möglicherweise werden sich aber Jung und Alt in Ihrer Bewertung einig sein. Ist Heimat also etwas, was sich entweder nur mit einem gehobenen Alkoholspiegel ertragen läßt oder was nur dazu dient, ein falsches Gemeinschaftsgefühl zu stiften, das geeignet ist, die Ablehnung alles Fremden zu fördern?
Einen interessanten Hinweis zu diesem Thema finden wir dort, wo wir ihn vielleicht zuletzt vermutet hätten. Im Grundgesetzt der Bundesrepublik Deutschland finden sich im Artikel 3 Aussagen über die Grundrechte:

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. [...]
(3) Niemand darf wegen [...] seiner Heimat und Herkunft, [...] benachteiligt oder bevorzugt werden. [...]

Möglicherweise werden sich die Mütter und Väter des Grundgesetztes etwas dabei gedacht haben, ausgerechnet die Heimat im Zusammenhang mit dem Verfassungsgebot der Gleichheit aller Menschen zu nennen. Der Hintergrund liegt in der deutschen Geschichte, in der Nationalismus und Rassismus die Grundlage bildeten, um Gruppen von Menschen von der Gewährung grundlegender Menschen- und Bürgerrechte auszuschließen, zu benachteiligen und zu verfolgen. Der Begriff »Heimat« verdient es vielleicht also doch, daß wir uns mit ihm genauer beschäftigen.

Gerade im Umgang mit der deutschen und polnischen Geschichte, gelangt »Heimat« zu einer besonderen Bedeutung. Wir wollen deshalb die Beschäftigung damit nicht denen überlassen, die den Begriff in einem verengenden mehr oder weniger nationalistischen Sinn begreifen.
Mit welcher Bedeutung wurde der Begriff »Heimat« an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten verstanden? -
"Dieses Land ist dein Land, dieses Land ist mein Land, dieses Land ist für dich und für mich geschaffen..." Diese Formulierung findet sich in dem Lied des bekannten US-amerikanischen Liedermachers Woody Guthrie. Hier scheint niemand ausgeschlossen zu werden. Er betrachtet die gesamten Vereinigten Staaten von Amerika als Land aller Amerikaner. Nebenbei bemerkt bezeichnete Guthrie seine Gitarre als eine Maschine, die Faschisten tötet. - Heimat ein Ort für alle Menschen und Kunst gegen menschenverachtende Politik.

Wir gehen davon aus, daß »Heimat« zu mehr taugen mag, als dazu, zu weinseeligen Schunkelliedern anzuregen und wollen uns deshalb mit diesem Begriff anhand von Texten aus der Philosophie und Literatur beschäftigen.

Einhundert Jahre vor Guthrie schreib der deutsche Dichter Heinrich Heine im Vorwort zu seinem "Wintermärchen":
[...] Beruhigt euch. Ich werde eure Farben achten und ehren, wenn sie es verdienen, wenn sie nicht mehr eine müßige oder knechtische Spielerei sind. Pflanzt die schwarzrotgoldne Fahne auf die Höhe des deutschen Gedankens, macht sie zur Standarte des freien Menschtums, und ich will mein bestes Herzblut für sie hingeben. Beruhigt euch, ich liebe das Vaterland ebensosehr wie ihr. Wegen dieser Liebe habe ich dreizehn Lebensjahre im Exile verlebt, und wegen ebendieser Liebe kehre ich wieder zurück ins Exil, vielleicht für immer, jedenfalls ohne zu flennen oder eine schiefmäulige Duldergrimasse zu schneiden. Ich bin der Freund der Franzosen, wie ich der Freund aller Menschen bin, wenn sie vernünftig und gut sind, und weil ich selber nicht so dumm oder so schlecht bin, als daß ich wünschen sollte, daß meine Deutschen und die Franzosen, die beiden auserwählten Völker der Humanität, sich die Hälse brächen zum Besten von England und Rußland und zur Schadenfreude aller Junker und Pfaffen dieses Erdballs. [...]





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