Mehr als eine Generation nach dem frühen Tod der österreichischen Schriftstellerin Ingeborg Bachmann werden ihre Schriften im deutschsprachigen Raum, aber auch in Polen gelesen und diskutiert. Die Germanistin und Historikern Ewa Zywiecka aus Tczew wird auf der Grundlage ihrer Arbeit am germanistischen Lehrstuhl der Universität Gdansk, die lebendige Diskussion des Werkes in Polen darstellen.
»Hätten wir das Wort, hätten wir die Sprache, wir bräuchten die Waffen nicht«
Bachmanns Werk wurde als feministisch motivierte Literatur wahrgenommen, als einen Versuch, vor allem das Motiv des Kampfes gegen das Patriarchat zu verdeutlichten und im »ewigen Krieg« zwischen den Geschlechtern die Quelle des Faschismus zu suchen. Ist diese Deutung aber zutreffend? Wie wird diese Dichterin aus dem alten Vielvölkerstaat Österreich in Polen interpretiert? »Ich bin Slawin«, sagte sie 1973 tief beeindruckt direkt nach ihrer einzigen Lesereise durch Polen. Was wollte sie damit sagen? Was verstand sie unter "polnischer Melancholie"? Was verbindet sie mit dem polnischen Schriftsteller Witold Gombrowicz? Welche Erwartungen haben wir heute in »unserem Haus«, das doch ein »gemeinsames europäisches« werden sollte, an die Literatur?
Ingeborg Bachmann gilt zweifellos als eine literarische Ausnahmeerscheinung unter deutschsprachigen Autorinnen. Warum weckt sie, die bis vor kurzem in Polen wenig populär war, gerade heute dort ein neues Interesse? Wo liegen unsere Grenzen, die es zu überwinden gilt?
Diese Fragen sind eine Einladung zu einem Gespräch in Witten über eine österreichische Autorin in Polen und über Kultur und Geschichte in unserem gemeinsamen Europa. Wir freuen uns auf ein deutsch-polnisches Gespräch, mit dem wir nicht nur Ingeborg Bachmann wieder-entdecken wollen, sondern auch Grenzen überwinden.
Wir aber wollen über Grenzen sprechen,
und gehen auch Grenzen noch durch jedes Wort:
wir werden sie vor Heimweh überschreiten
und dann im Einklang stehen mit jedem Ort.
Ingeborg Bachmann