Mit den polnischen Teilungen Ende des 18. Jahrhunderts sollte mit der königlichen Republik Polen-Litauen eine europäische Großmacht von der Landkarte verschwinden, ein Vielvölkerstaat mit unterschiedlichsten Glaubensbekenntnissen. 1918 erstand die Zweite Polnische Republik in einer anderen Welt. Neu gegründete Staaten veränderten die Bedeutung der nationalen Frage. Die soziale Frage besaß ungeahnte Sprengkraft und die Frage der Zukunft Polens bleib ein Thema des politischen Streits.
Frau Dr. Bednarczuk von der Ruhr-Universität Bochum wird die Rolle der Frauen im gesellschaftlichen Leben in Polen in der Zeit vor 1939 beleuchten und hier speziell die politische Rechte betrachten. Es ergibt sich dabei ein recht differenziertes Bild der gesellschaftlichen Veränderungen und Diskurse in dieser Zeit. Die neuen Rechte der Frauen, wie z. B. das Wahlrecht 1918, stießen nicht nur auf Zustimmung, da sie Traditionen und überlieferte Rollen und Hierarchien in der Gesellschaft in Frage stellten und erschütterten. Es lassen sich im Lager der politischen Rechten verschiedene Strömung erkennen. Sie unterscheiden sich in ihrem Verhältnis zur Frage der Nation, der Kirche, der Familie und Rolle der Frau, in ihrem Verhältnis zum deutschen Nationalsozialismus, zum Antisemitismus und Antikommunismus. Anhand ausgewählter Biographien polnischer Journalistinnen und Schriftstellerinnen, die sich für die politische Rechte positionierten und engagierten, entwirft die Referentin ein Bild des politischen Lebens in Polen in den 1920er und 1930er Jahren. Bei einigen Frauen lassen sich Wandlungen der Weltanschauungen beobachten, hin zum Antisemitismus, aber auch, bei der katholischen Schriftstellerin Zofia Kossak, hin zu einer aktiven Rolle im Schutz der von den Nazis im besetzten Polen verfolgten Juden durch Gründung der Organisation ›?egota‹, die jüdische Menschen unterstützte und versteckte.
Dr. Monika Bednarczuk ist Dozentin am Seminar für Slavistik / Lotman-Institut der Ruhr-Universität Bochum. Sie wurde in Lublin in Polen geboren, studierte an der dortigen Maria-Curie-Skłodowska-Universität Polonistik und an der Humboldt-Universität zu Berlin Neuere deutsche Literatur und Linguistik. Im Jahr 2000 beendete sie ihre Magisterarbeit »Das Bild Berlins in der polnischen Literatur des 20. Jahrhunderts« in Lublin und arbeitete dann ein Jahr als Freiwillige am Interkulturellen Internationalen Antirassistischen Informationszentrum ARiC in Berlin. Im Mai 2005 promovierte sie mit einer Arbeit über die Wahrnehmung des spanischen Bürgerkrieges 1936-1939 in der polnischen Literaturwissenschaft und -geschichte. Seit 2009 lehrt sie an der Universität Bochum. Zum Thema des Vortrags veröffentlichte sie im Jahr 2012 eine Studie.
![]() |
Zum Weiterlesen:
Bednarczuk, Monika:
Unsere kompetente Beratung wenn es um Bücher geht: Inh.: Dr. Sabine Wirths-Hohagen |
|||