Die in der Ukraine geborene und heute in Weißrussland lebende Autorin Swetlana Alexandrowna Alexijewitsch gibt mit Ihren Texten den Menschen eine Stimme, die sonst nicht gehört werden. Sie bringt damit Wahrheiten ans Licht, die den offiziellen Sichtweisen zuwider sind, den Menschen und seine Rechte in den Vordergrund rücken. In ihren gesammelten Interviews mit Rückblicken auf die untergegangene Sowjetunion, „Secondhand-Zeit. Leben auf den Trümmern des Sozialismus“ wird auch eine polnische Erinnerung wiedergegeben.
Vielleicht ist Swetlana Alexijewitsch durch ihre ukrainisch-weißrussischen Eltern besser darauf vorbereitet, zuzuhören, Widersprüche auszuhalten und nicht zu vertuschen, den Menschen zu sehen und zu achten. Vielfältige Auszeichnungen, die sie erhielt, Nobelpreis für Literatur 2015, betonen die von ihr damit geleisteten Beiträge zum gegenseitigen Verständnis und der Bemühung um Frieden, zu dem die Menschen angesichts der Geschichte fähig werden müssen. So ist diese Erzählung einer Polin in Rußland, die von Swetlana Alexijewitsch aufgeschrieben und im Jahr 2013 veröffentlicht wurde, ein sehr aktueller Beitrag zum Verständnis der internationalen Beziehungen. Wir wollen die Zeitzeugin des 20. Jahrhunderts zu Wort kommen lassen und gemeinsam versuchen zu verstehen.
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Alexijewitsch, Swetlana:
Secondhand-Zeit : Leben auf den Trümmern des Sozialismus / Swetlana Alexijewitsch. Aus d. Russischen von Ganna-Maria Braungardt. — Berlin : Hanser, 2013. — 569 S. Vremja second-hand. Konec krasnogo eloveka Der Kalte Krieg ist seit über zwanzig Jahren vorbei, doch das postsowjetische Russland sucht noch immer nach einer neuen Identität. Während man im Westen nach wie vor von der Gorbatschow-Zeit schwärmt, will man sie in Russland am liebsten vergessen. Inzwischen gilt Stalin dort vielen, auch unter den Jüngeren, wieder als großer Staatsmann, wie überhaupt die sozialistische Vergangenheit immer öfter nostalgisch verklärt wird. Für Swetlana Alexijewitsch leben die Russen gleichsam in einer Zeit des "secondhand", der gebrauchten Ideen und Worte. Wie ein vielstimmiger Chor erzählen die Menschen in ihrem neuen Buch von der radikalen gesellschaftlichen Umwälzung in den zurückliegenden Jahren. Swetlana Alexijewitsch, 1948 in der Ukraine geboren und in Weißrussland aufgewachsen, arbeitete als Reporterin. Über die Interviews, die sie dabei führte, fand sie zu einer eigenen literarischen Gattung, dem dokumentarischen 'Roman in Stimmen'. Alexijewitschs Werke wurden in mehr als 30 Sprachen übersetzt, und sie wurde vielfach ausgezeichnet, u.a.1998 mit dem Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung. |
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Der Krieg, den die UdSSR 1979–1989 in Afghanistan führte, gilt als das "sowjetische Vietnam". Eine Million Soldaten durchlebte das Grauen, mindestens 50.000 starben.
Zinkjungen: So wurden im sowjetischen Afghanistankrieg die gefallenen Soldaten genannt. Ihre Leichen durften den Angehörigen nur in zugeschweißten Zinksärgen übergeben werden. Das Wort steht exemplarisch für die Verschleierungspraxis der Sowjetunion, die alles dafür tat, die brutale Realität des zehnjährigen Krieges geheim zu halten. Swetlana Alexijewitsch hat mit Soldaten, Müttern, Witwen und Krankenschwestern gesprochen und verarbeitet die Augenzeugenberichte in ihrem 'Roman der Stimmen' zu einem erschütternden Antikriegsbuch. Friedenspreisträgerin Swetlana Alexijewitsch dokumentiert den universellen Wahnsinn des Krieges und seine verheerenden Auswirkungen auf ihre Gesellschaft – in Zeiten von weltweit auflodernden Krisenherden ist dieses Buch aktueller denn je. 'Beharrlich, furchtlos, ergreifend.' Karl Schlögel, Laudatio zum Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2013 |
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Swetlana Alexijewitsch wurde bekannt durch die Dokumentation menschlicher Schicksale und gilt als wichtigste Zeitzeugin der postsowjetischen Gesellschaft. Über viele Jahre hat sie mit Menschen gesprochen, für die die Katastrophe von Tschernobyl zum zentralen Ereignis ihres Lebens wurde. Entstanden sind eindringliche psychologische Porträts, die ungeheure Nähe zu den Betroffenen aufbauen und von höchster Sensibilität und journalistischer Perfektion zeugen.
Leseprobe: »Nach Beobachtungen wurde am 29. April 1986 eine hohe Strahlenbelastung in Polen, Deutschland, Österreich, Rumänien registriert, am 30. April in der Schweiz und Norditalien, vom 1. bis 2. Mai in Frankreich, Belgien, den Niederlanden, Großbritannien, Nordgriechenland. Am 3. Mai in Israel, Kuweit, der Türkei … In große Höhe geschleuderte gasförmige und flüchtige Substanzen breiteten sich global aus: Am 2. Mai wurden sie in Japan registriert, am 4. Mai in China, am 5. Mai in Indien, am 5. und 6. Mai in den USA und in Kanada. Weniger als eine Woche brauchte es, um Tschernobyl zum Problem der ganzen Welt werden zu lassen …« Aus: Folgen des Tschernobyl-Unfalls in Weißrußland. Minsk. Internationales höheres Sacharow-College für Radioökologie, 1992, S. 82 |
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