Freundschaftsverein Tczew-Witten e.V.



Informations- und Gesprächsabend:

Dienstag, den 31. Mai 2016 um 19.00 Uhr

in der Buchhandlung Lehmkul

Wilm Hosenfeld, deutscher Offizier in Polen während des Zweiten Weltkrieges

„Ich versuche jeden zu retten, der zu retten ist“

Eine Veranstaltung mit der Historikerin Anna Jędrzejczyk aus Kraków

Die polnische Historikerin Anna Jędrzejczyk aus Kraków geht der Frage nach, ob es im Nationalsozialismus mit seinem totalen Anspruch auf Gefolgschaft und Unterwerfung, Möglichkeiten zu einem anderen Verhalten gab, ob es doch Spielräume gab, der Stimme des Gewissens zu folgen. Sie untersucht dies anhand des Lebens des deutschen Soldaten Wilm Hosenfeld, der vom Mitläufer des Regimes zum Gegner wurde.
Gestützt auf die Veröffentlichungen über sein Leben und Quellen, zum Teil aus dem Besitz
der Familie Hosenfeld, geht sie diesen Fragen nach.
Die Leben Wilm Hosenfelds wurde erst mit dem Film »Der Pianist« von Roman Pola?ski bekannt. Wilm Hosenfeld war es, der W?adys?aw Szpilman, den Pianisten, in Warszawa im Herbst 1944 rettete.
Der berühmte Pianist war aber nicht die erste Person, der er half. Schon seit dem September 1939 half und rettete Hosenfeld Polen im besetzten Land.
Was zeichnete seine Persönlichkeit aus? Wie war sein Verhältnis zum Nationalsozialismus? Warum wurde er ein entschiedener Gegner des Regimes? Wie war seine Haltung zur polnischen Bevölkerung? Warum unterstützte er die Polen und Juden?
In welchen Formen half er ihnen? Welche Konsequenzen erwarteten ihn?
Wie bewerteten und bewerten die Deutschen heute diese Soldaten, die – wie er – ihre Stellung zur Hilfe anderer Personen nutzten? Hat seine Haltung uns heute etwas zu sagen? Die Antworten auf diese Fragen kann man in seinen Hunderten Briefen und Notizen finden, die er während des Zweiten Weltkrieges schrieb. Sie sind auch ein wertvolles Zeugnis, die zeigen, wie Polen und Juden unter deutscher Besatzung lebten.


„Warum läßt Gott diesen schrecklichen Krieg mit den furchtbaren Menschenopfern zu? […]
Trifft Gott die Schuld? Warum greift er nicht ein, warum läßt er das alles geschehen?
Das sind Fragen, die man stellen könnte, und [auf die man] keine Antwort hat. Wir sind so gern geneigt,
einem andern die Schuld zu geben und sie nicht bei uns selbst zu suchen. Gott läßt das Böse geschehn,
weil es sich die Menschen selbst zuzuschreiben haben, wenn sie nun die Plage ihrer eigenen
Bosheiten und Unvollkommenheit zu spüren bekommen. Wir haben seinerzeit, als die Nazi[s] zur
Macht kamen, nichts getan, um es zu verhindern. Wir haben die eigenen Ideale verraten, [das] Ideal
der persönlichen Freiheit, der demokratischen Freiheit, der religiösen. Der Arbeiter lief mit, die
Kirche sah zu. Der Bürger war zu feige, ebenso die führenden geistigen Schichten. Wir ließen zu, daß
die Gewerkschaften zerschlagen wurden, daß die Konfessionen unterdrückt wurden, es gab keine
freie Meinungsäu?erung in Presse, Rundfunk. Zuletzt ließen wir uns in den Krieg treiben.
Wir waren es zufrieden, daß Deutschland ohne Volksvertretung blieb, wir ließen uns eine
Scheinvertretung, die nichts zu sagen hatte, gefallen. Ideale lassen sich nicht ungestraft verraten.
Jetzt müssen wir alle die Folgen tragen“. Wilm Hosenfeld 06.07.1943





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