Wenn wir nach einer griffigen Formulierung für das lange Leben und Schaffen des mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichneten polnischen Autors Czesław Miłosz suchen, dann scheint es die Figur des Exilanten am besten zu treffen. Geboren wurde er 1911 in Seteniai, heute Litauen, und starb 2004 in Kraków. 1951 verließ er die Volksrepublik Polen, erhielt 1970 die US-amerikanische Staatsbürgerschaft und kehrte ab 1989 regelmäßig und im Jahr 2000 endgültig nach Kraków zurück.
In seinem persönlichen Lebensweg finden wir Spuren der Entwurzelung, wie sie das Leben sehr vieler Menschen in Ostmitteleuropa während des 18. und 19. Jahrhunderts prägte. Im 20. Jahrhundert wurde diese Entwurzelung zu einer umfassenden Katastrophe und ist bis heute ein wichtiges Thema für die polnische Gesellschaft geblieben. Das gleiche Schicksal wird heute weltweit von Millionen Menschen geteilt.
Czesław Miłosz fragte angesichts dieser Geschichte nach den Kräften, die es erlauben, unter solch schwierigen Bedingungen seine Identität und damit den eigenen Weg zu finden. Der Referent wird speziell auf ein Werk eingehen, in dem Miłosz, wie er selber schreibt, in „einer erweiterten Biographie“ über das Zusammenleben in Europa reflektiert und angesichts der eigenen Familiengeschichte, über die Geschichte der Polnischen und Litauischen Nation nachdenkt. Hierbei nimmt er mit neugrierigem Blick Details unter die Lupe und stellt sie kenntnisreich in einen größeren geschichtlichen und gesellschatflichen Zusammenhang. Werk und Leben von Czesław Miłosz wurden mit den Begriffen „Abbruch und Aufbruch“ charakterisiert. Seine Suche nach einer positiven Perspektive für Europa macht ihn für die Arbeit an der deutsch-polnischen Verständigung zu einem interessanten Zeitzeugen.