Seit mehr als tausend Jahren sitzt sie schon da, die mit Blattgold verzierte Marienstatue aus Pappelholz in der Münsterkirche am alten Handelsweg Hellweg in Essen an der Ruhr. Sie gilt als die älteste derartige Marienfigur des Abendlandes und spiegelt die Geschichte von der Christianisierung der Sachsen mit Wort und mit Schwert, dem Aufstieg sächsischer Fürsten in Kirche und Staat, die feudale Herrschaft des Frauen-Stiftes über weite Teile des Ruhrgebietes, den Niedergang des katholischen Einflusses durch die Reformation und den erneuten Aufstieg im Zuge der industriellen Revolution und dem Zuzug von Katholiken, darunter auch polnischsprachige Arbeiter aus dem Osten. Sie hat Religionskriege, Revolutionen, Krisen und Kriege sowie die Auflösung des Frauenstiftes in der Folge der Französischen Revolution überstanden. Bei der Gründung des Bistums Essen im Jahr 1958, das der gewachsenen Bedeutung des Ruhrgebietes entsprach, kam sie als „Mutter vom Guten Rat“, Patronin des Bistums Essen, zu neuen Ehren. Aus Anlaß des 60. Jubiläums gibt die Domschatzkammer in Essen in einer Sonderausstellung Einblicke in die mehr als tausendjährige Geschichte der Skulptur und ihre weltweite Wahrnehmung. Der Besuch dieser Ausstellung über einen der bedeutendsten Kunstschätze des Ruhrgebietes, bietet Gelegenheit über die Geschichte des Christentums und der Gesellschaft an der Ruhr nachzudenken. Gäbe es ohne die Ruhr-Polen ein Ruhrbistum?
Aus der Ankündigung der Ausstellung der Domschatzkammer Essen:
„„Die Goldene Madonna wurde um das Jahr 980 von einem erfahrenen Bildhauer und Goldschmied geschaffen. Sie ist die älteste erhaltene vollplastische Darstellung der Muttergottes mit dem Kind und eine von nur noch wenigen erhaltenen frühmittelalterlichen Großplastiken überhaupt“, erläutert Andrea Wegener, Leiterin der Essener Domschatzkammer, den kunsthistorischen Wert der Figur. [...]
Die Exponate der Ausstellung „Essen sein Schatz – Die Goldene Madonna“ sind indes auch neueren Datums. „Wir erklären die Goldene Madonna aus einer kulturhistorischen Perspektive“, so Wegener. Es gehe vor allem darum, was andere Menschen aus und mit der Goldenen Madonna gemacht haben. Die in Essen gewissermaßen Kulturgut gewordene Stadtmarketing-Kampagne zu „Essen sein Schatz“ ist dabei nur ein — für die Ausstellung namensgebendes – Beispiel. Weitere Exponate sind die erstmals gezeigte Fotoserie zur Goldenen Madonna aus dem US-amerikanischen „LIFE“-Magazin von 1957 oder die Goldene Madonna als Aufkleber fürs Sammelalbum. Philatelisten dürften sich über historische Sonderumschläge und Stempel der Bundespost mit dem Motiv der Marienfigur freuen. Außerdem gibt es die päpstliche Urkunde zur Ernennung als Bistumspatronin zu sehen, die Kiste, in der die Goldene Madonna für – ausgesprochen seltene – Transporte verpackt wurde, die mittelalterlichen Schmuckstücke der Figur sowie den Nimbus des Christuskindes, die die Besucher aus nächster Nähe betrachten können. Nicht fehlen darf zudem die originalgetreue Styropor-Dublette der Goldenen Madonna aus den Beständen des Essener Aalto-Theaters. Neben den Exponaten erzählen sieben große Überblickstafeln unter Überschriften wie „verehrt“, „gekrönt“ oder „verändert“ die wechselvolle Geschichte der mehr als 1000 Jahre alten Figur.
• Öffnungszeiten: „Essen sein Schatz – die Goldene Madonna“
ist ab Samstag, 12. Oktober 2019, bis zum Fest Maria Lichtmess am 2. Februar 2020
dienstags bis sonntags von 11 bis 17 Uhr geöffnet.
• Eintritt: Inklusive Begleitbroschüre kostet der Eintritt zur Domschatzkammer während der Sonderausstellung 7, ermäßigt 6 Euro. Kinder und Jugendliche haben freien Eintritt.
• Führungen: Das Team der Domschatzkammer bietet individuelle Führungen durch die Sonderausstellung und zur Goldenen Madonna an.“