06.08.1990, Witten

Unterzeichnung des Freundschaftsvertrages zwischen Witten und Tczew, entsprechend dem Beschluä des Rates der Stadt Witten vom 5. März 1990, am 6. August 1990 um 17.30 Uhr im Sitzungssaal des Rathauses Witten

Grußwort des Vertreters der Heimatkreises Dirschau, Georg Liedtke:


Sehr geehrter Herr Prezydent,
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
Meine Damen und Herren,

als Vertreter des Heimatkreises Dirschau danke ich dem Rat und der Verwaltung der Stadt Witten, daß wir Dirschauer und Tczewer diesen Tag gemeinsam erleben dürfen.

Die Unterzeichnung des Freundschaftsvertrages ist ein Höhepunkt in einer langjährigen Entwicklung.

Einige Mitglieder des Heimatkreises bemühen sich seit langer Zeit, dauernde, feste Kontakte mit unserer Heimatstadt in Polen zu knüpfen.

Schon 1960 erschien in einer Wittener Zeitung ein Reisebericht von Herrn Gerhard Neumann: „Dirschau ist ein Reise wert.“

Über viele Jahre blieb es bei Reisen einzelner Personen.

Einen großen Fortschritt in unseren Bemühungen brachte 1975 die erste Studienreise der Volkshochschule Witten nach Dirschau und Pelplin. Diese Reise, unter der Leitung von Herrn Walter Fischer, war ein großes Erlebnis auch für die mitgefahrenen Wittener Bürger.

In den folgenden regelmäßigen Reisen der Volkshochschule haben Wittener mit uns unsere Heimat besucht. Wir Dirschauer haben den Bürgern unserer Patenstadt gezeigt, wo und wie wir gelebt haben. Dirschau und Umgebung wurde vor unseren Augen lebendig und auch die früher häufige gute Nachbarschaft von Polen und Deutschen.

Aber wir haben auch gesehen, wie die Menschen jetzt dort leben. Wir erhielten Einblick in die täglichen Freuden, Sorgen und Nöte.

Als wir 1981 von Versorgungsschwierigkeiten hörten, riefen wir unsere Landsleute und die Bürger und Geschäftsleute von Witten zu Spenden auf, die es uns ermöglichten, im Dezember einen LKW mit Lebensmittelpaketen und Medikamenten nach Tczew zu dirigieren. Drei Tage nach Ausrufung des Kriegszustandes kamen wir zum Erstaunen aller dort an.

Der damalige Heimatkreisvertreter, Herr Grams, wurde vom Prezydenten der Stadt zu einem sehr informativen Gespräch empfangen. Hieraus und aus mehreren Begegnungen in den folgenden Jahren entwickelte sich eine wachsende gegenseitige Achtung und Freundschaft.

Erstes Ergebnis war die Hilfe des Bürgermeisters und der Stadtverwaltung in Tczew beim Verteilen aller Pakete an die Bevölkerung, insbesondere die Liebesgaben ehemaliger Dirschauer an Freunde in Tczew.

Mit Unterstützung der Stadt Witten, Ärzten, Apothekern und Geschäftsleuten aus Witten konnten wir noch viele Hilfssendungen nach Tczew bringen. Besonders zu erwähnen ist der 1987 von Herrn Werner Mielke initierte Transport, bei dem ein 3-Achser LKW der Firma Schenker vollbeladen mit Medikamenten und Verbandsstoffen zum Krankenhaus in Tczew gefahren wurde.

Durch diese Aktionen und die zahlreichen Besuche wurden viele Freundschaften vertieft und weitere geschlossen.

Höhepunkt jeder Busreise war ein festlicher Abend in Tczew, bei dem alte Dirschauer, Wittener und Freunde aus Tczew gemeinsam feierten.

Es gab aber auch sportliche Begegnungen im Volleyball, Kegeln, Schwimmen und Basketball. Wenn Wimpel getauscht oder Pokale gewonnen wurden, dann waren darauf die Wappen von Witten und Tczew.

So sind durch die Aktivitäten ehemaliger Dirschauer, manchmal auch gegen den Willen einiger Landsleute, gute Voraussetzungen zur Erweiterung der Patenschaft, die sich ihrerseits nur auf die ehemaligen Dirschauer in der Bundesrepublik bezieht, zu einer Partnerschaft mit der Stadt Tczew und den jetzt dort wohnenden Menschen geschaffen worden.

Wir Dirschauer, die Patenkinder der Stadt Witten, werden uns weiter bemühen, die Kontakte auszubauen und unseren Beitrag zur Aussöhnung zwischen Polen und Deutschen zu leisten.

Georg Liedtke





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