Sehr geehrte Damen und Herren,
Herr Bürgermeister,
Herr Stadtdirektor,
Ratsmitglieder der Stadt Witten,
herzlichen Dank für die Einladung, danke für die Initiative die aus dem Schreiben an den früheren Präsidenten der Stadt Tczew vom 5. März 1990 hervorgeht.
Heute haben wir gemeinsam die Gelegenheit, diese Ideen und Gedanken zu verwirklichen.
Die Städte Witten und Tczew haben eine sehr reiche Tradition und auf dieser Basis kann man eine breite Zusammenarbeit aufbauen.
Die heutige Ratssitzung ist eine gute Gelegenheit um über die Vergangenheit und die Zukunft nachzudenken. Bis vor kurzer Zeit war Europa geteilt, und es war nicht unsere Schuld. Ganz bewußt hat man uns geteilt, feindliche "Mauern" aufgebaut.
Wir möchten daran erinnern, daß Polen in seiner 1000jährigen Geschichte (mit Ausnahme der 40jährigen Nachkriegszeit) immer mit Europa verbunden war.
Unsere Generation hat die Möglichkeit, an der Einheit Europas mitzuwirken. Die Zusammenarbeit unserer beiden Städte kann ein konkreter Einsatz beim Aufbau sein.
Wir sind uns dessen bewußt, daß die Vergangenheit, oft schmerzhaft und dramatisch, sich nicht so einfach auslösen läßt.
Die Wende in den polnisch-deutschen Beziehungen haben wir seit einem ViertelJahrhundert dem Märtyrer und Primas Stefan Wyszyński zu verdanken. In einem offenen Brief an die deutschen Bischöfe schrieb er: "... wir verzeichen und bitten um Verzeihung ...".
Nach vielen Jahren und großen Anstrengungen wurden die Fundamente der polnisch-deutschen Zusammenarbeit in einer „gemeinsamen Erklärung“ am 14. November 1989 durch den Bundeskanzler Helmut Kohl und den Premier Tadeusz Mazoniecki festgelegt und unterschrieben. Aus der Erklärung sollte man zwei Beschlüsse hervorheben:
1. Polen und die Bundesrepublik Deutschland werden intensiv die kulturellen Beziehungen entwickeln.
2. Beide Seiten begrüßen mit großer Befriedigung
die Unterzeichnung der Vereinbarung über den Jugendaustausch.
Gerade Kultur, wie sie Jan Pawel II. lehrt, trägt zur Völkerverständigung bei.
Mit Anerkennung stellen wir fest, daß Ihr Angebot für die Zusammenarbeit vorallem Kultur, Bildung und Sport umfaßt.
Wir möchten in ein paar Sätzen uns und unsere Stadt vorstellen. Die Stadt Tczew ist 700 Jahre alt. Die Stadtrechte wurden Tczew im Jahre 1260 verliehen. Die Geschichte der Stadt ist eng mit Weichsel und Pommern verbunden.
Das heutige Tczew hat 60.000 Einwohner und ist eine Industriestadt. Die Entwicklung der Stadt hängt mit der Nähe (30 km) zu der Stadt Gdańsk zusammen. Auf der Landkarte Polens ist Tczew ein wichtiger Eisenbahnverkehrsknotenpunkt.
Im Mai 1990 haben wir die ersten demokratischen Wahlen der Nachkriegszeit gehabt. Daraufhin haben sich Rat und Verwaltung der Stadt sehr verändert. Die Mehrheit der Ratsmandate erhielt die Bürgerinitiative. Aus diesem politischen Umfeld kommen der jetzige Präsident der Stadt Ferdynand Motas und der Vorsitzende des Stadtrates Jan Kulas. Zu unserem Bedauern haben wir eine sehr vernachlässigte und hoch verschuldete Stadt von der kommunistischen Regierung übernommen.
Der Rat der Stadt besteht aus 32 Personen und fungiert als Stadtparlament. Die Ratsmitglieder arbeiten in fünf Ausschüssen und im Bedarfsfall werden Kommissionen gebildet, die Sofortmaßnahmen ergreifen können. Der Rat der Stadt hat den Präsidenten und die Verwaltungsspitze (5 Personen) gewählt. Wichtige Funktionen obliegen auch dem Stadtkämmerer und dem Sekretär der Stadt.
Im Rahmen der IV. Ratssitzung haben am 26. Juli die Ratsmitglieder über die Vorschläge der Städte Witten und Norderstedt zu entscheiden gehabt. Hierbei wurde die Reise nach Witten genehmigt und zugleich die Unterzeichnungsvollmacht für den Präsident der Stadt Ferdynand Motas, Vorsitzenden des Stadtrates Jan Kulas und Instrukteur in Sachen Kultur Teresa Klinska erteilt.
Die Delegation wird konkrete Vorschläge für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet "Kultur-Bildung" unterbreiten. Die wichtigsten Ziele: Jugendaustausch, Brieffreundschaften, Organisation von Treffen sowie Ausstellungen in beiden Städten (z. B. Malkunst, Graphik, Goldschmiedekunst) sowie Mitwirkung an Festtagen, Sportveranstaltungen und Austausch der Tanz- und Gesangsgruppen. Wir haben außerdem vorgesehen, Vorschläge in anderen Bereichen zu machen.
Wir profitieren von den Zeiten des Friedens und sollen jetzt die direkten Kontakte zwischen den Bürgern unserer Staaten unterstützen. Es geht darum, die Zusammenarbeit und das Vertrauen zwischen einfachen Menschen aufzubauen.
In erster Linie sollte man, unseres Erachtens nach, beim Treffen und Jugendaustausch anfangen. Von unserer Seite wird die Arbeit dadurch erleichtert, daß in dem Rat der Stadt Tczew fünf Lehrer als Ratsmitglieder tätig sind. Wir denken hier sowohl an offizielle als auch an private Kontakte zwischen den Jugendlichen, den direkten Kontakt suchen auch unsere Künstler. Nicht ohne Bedeutung wäre eine Zusammenarbeit auf dem touristischen Sektor. Tczew liegt sehr günstig zwischen mehreren sehenswerten Städten wie Gdańsk und Mallbork.
Wir wollen hoffen, daß unser heutiges Treffen die beste Basis für beidseitige gute und dauerhafte Zusammenarbeit und Freundschaft zwischen unseren Städten wird.
Auf diesem Wege wird wohl das Wichtigste sein, . die Sprachbariere zu überwinden, indem deutsch und polnisch gelernt wird. In der Vergangenheit hat unsere kommunistische Regierung ganz bewußt die Möglichkeiten, die westlichen Sprachen zu lernen, unterbunden.
Wir denken, daß offizielle und private Treffen zwischen unseren Jugendlichen und Erwachsenen zu echten Freundschaften führen werden. Und das wiederum wird die beste Voraussetzung für eine gute Zusammenarbeit zwischen unseren beiden Städten sein.
Wir haben die Ehre, heute einen Grundstein für die Freundschaft und Zusammenarbeit zwischen den Städten Witten und Tczew zu legen.