Donnerstag, 31. August 2023
17.00 am Mahnmal im Lutherpark in Witten
Moderation: Stefan Marx, Geschäftsführer DGB Ruhr-Mark
Begrüßung durch Mathias Hillbrandt,
DGB Kreis Ennepe-Ruhr, IG Metall Ennepe-Ruhr-Wupper
Grußwort: Lars König, Bürgermeister der Stadt Witten
Wortbeiträge der Wittener Zivilgesellschaft:
• Claus Humbert, ACK, Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen, Witten
• Gemeinsamer Beitrag der Wittener Städtepartnerschaftsvereine: Rita Boele
Gedenkrede: Anke Unger, stellvertretende Vorsitzende DGB Bezirk NRW
Musikalische Begleitung: Gudrun Edelkötter, Violinistin
Sehr geehrte Damen und Herren!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Der Gedanke der Städtepartnerschaften steht für eine friedliche und solidarische Welt in der das internationale Völkerrecht und die individuellen Menschen- und Bürgerrechte geachtet werden.
Wir müssen heute jedoch feststellen, dass wir von einer solchen Welt weit entfernt sind und der Eindruck entsteht, dass sich die Weltgemeinschaft eher noch von diesem Ideal entfernt.
Deshalb müssen wir heute verstärkt präsent sein in der Gesellschaft, – in der Mitte der Stadt, – um für Weltoffenheit, Frieden, Freiheit und Menschenrechte einzutreten. Und der gute Ort für diese unsere politische Kundgebung heute, wäre der Rathausplatz oder der Berliner Platz gewesen, dort wo die Menschen sind und wir ein größeres Publikum erreichen könnten.
Wir haben Krieg in Europa und sind einem dritten Weltkrieg so nahe, wie schon lange nicht mehr. In Teilen der politischen Elite und in der Regierung von Russland träumt man von alter Weltmacht und stürzt Millionen ins Unglück. 10 Millionen, überwiegend Frauen und Kinder sind auf der Flucht innerhalb der Ukraine oder in die Nachbarländer. Zurück bleiben Alte, ohne Versorgung, Wasser, Essen, Medizin.
Weltweit gibt es zurzeit mehr als 100 bewaffnete Konflikte. Das durch diese Konflikte verursachte Leid in Verbindung mit der Klimakatastrophe, die unvorhersehbar jeden überall treffen kann, die steigenden Nahrungsmittel- und Energiepreise führen uns humanitäre Katastrophen vor Augen, die uns zeigen können, dass wir Menschen alle in einem Boot sitzen.
Um der Verflechtung von Umweltzerstörung und Krieg entgegenzuwirken, müssen Klimaschutz und die sozialen Folgen der Umweltzerstörung zusammen gedacht werden, um zu realistischen Wegen der Friedenssicherung zu kommen.
Deutschland braucht eine umfassende Klimaaußenpolitik, die für eine faire und gerechte Verteilung der Ressourcen unserer Welt steht und geeignet ist, dem Glaubwürdigkeitsverlust im globalen Süden entgegenzuwirken. Erforderlich hierfür sind eine klimapolitische Vorreiterrolle, eine Bekämpfung der Fluchtursachen und eine konsequente Menschenrechtsorientierung bei Migration und Flucht sowie die Einhaltung völkerrechtlicher Normen bei allen internationalen Konflikten. Wir brauchen eine neue Weltwirtschaftsordnung im Sinne des Nord-Süd-Dialogs der Willy Brandt-Kommission.
Gleichzeitig müssen wir hier in unserem Land an einer schnellen, sozial abgefederten Energie- und Mobilitätswende arbeiten. Hierbei ist ein Umdenken bei dem Verbrauch der natürlichen Ressourcen dringen notwendig. Wir dürfen den Erhalt unseres Lebensstandards nicht auf dem Rücken und der Ausbeutung der ärmeren Länder betreiben.
Eine Außen- und Sicherheitspolitik, die auf Frieden und eine gerechte Weltwirtschaftsordnung gerichtete ist, muss sich an den Normen und Werten der Menschenrechte und des Völkerrechts orientieren. Dass es dabei im Umgang mit autoritären Regimen zu Interessenskonflikten und Dilemmata kommt, muss transparent kommuniziert und debattiert werden, damit Politik langfristig glaubwürdig bleibt.
Krisen, soziale Abstiegsängste und eine perspektivlos erscheinende Politik fördern die Entfremdung der Menschen von den demokratischen Institutionen. Politische Sekten, Verschwörungsmythologen, Populisten erhalten verstärkt Zulauf. Wir erinnern uns, dass die größte Verschwörungserzählung von den deutschen Faschisten verbreitet wurde und auch heute sehen wir das Erstarken rechtsextremer Bestrebungen, denen wir verstärkt entgegentreten müssen. Die politisch Verantwortlichen auf allen Ebenen in Stadt, Land und Bund sind ebenso in der Pflicht, den menschenfeindlichen und antidemokratischen Tendenzen aktiv entgegenzutreten.
Was können wir, die wir als Städtepartner nur die Verbundenheit der Bürgerinnen und Bürger über Grenzen von Staaten und Kulturen hinweg fördern, in dieser Situation tun?
Wir Städtepartner pflegen derzeit acht Städtepartnerschaften in Afrika, Europa und im Nahen Osten. Die Kontakte mit Nicaragua ließen sich wegen des Regimes dort nicht weiter aufrecht erhalten. Und ich freue mich, dass wir hier heute, am Donnerstag Nachmittag, schon Gäste aus Lev Hasharon, Beauvais und Bitterfeld-Wolfen begrüßen dürfen.
Was können wir also tun?
Wir begegnen den Fremden von Mensch zu Mensch. Wir lernen über die konkreten sozialen Lebensbedingungen unserer internationalen Partner und können verstehen lernen, was ihnen im Leben wichtig ist und welchen Werten sie folgen.
Wir werden dabei feststellen, dass unser Leben im Zeichen der Hoffnung auf Versöhnung unter den Menschen und Völkern stehen muss und wir Verantwortung für den Frieden und den Erhalt der Schöpfung übernehmen müssen.
An diesem Wochenende werden wir daher gemeinsam mit unseren Partnern aus den Partnerstädten ganz konkret über verschiedene Fragen zur Nachhaltigkeit und des Klimaschutzes diskutieren. Dabei werden wir auch über unsere Sorgen um den Frieden in Europa sprechen und auch unterschiedliche Ansichten austauschen.
Wir sind zu wenige? Ja!
Wir sind zu schwach und zu einflusslos?
Auch dies ist nicht falsch. Aber was wäre, wenn wir heute nicht hier wären und die Arbeit für die internationale Solidarität, denken wir allein an Äthiopien und die Ukraine, nicht leisten würden?
„Wir wollen den Frieden. Das ist die nächste schwere Aufgabe aller, die Menschliches wollen“, um es mit den Worten des von den Nazis ermordeten Erich Mühsam zu sagen.
Jeder Krieg ist ein Angriff auf die Menschheit und die Menschlichkeit. Das ist die zentrale Lehre, die der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften aus der Geschichte gezogen haben. Das ist der Grund, weshalb wir uns mit all unserer gewerkschaftlichen Kraft für Frieden, Rüstungskontrolle und Abrüstung, für die Achtung der Menschenrechte und für mehr soziale Gerechtigkeit einsetzen.
Wir leben in einer Zeit, in der dieses Engagement besonders gefordert ist. In unserer Nachbarschaft tobt der völkerrechtswidrige Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. Wir fordern die russische Regierung auf, ihn durch den Rückzug ihrer Truppen zu beenden und die territoriale Integrität der Ukraine wiederherzustellen. Das in der Charta der Vereinten Nationen niedergelegte Recht der Ukraine auf Selbstverteidigung steht für uns außer Frage.
Wir warnen aber eindringlich vor dem Irrglauben, immer mehr Waffen für die Ukraine würden zu einem schnelleren Ende des Krieges führen. Und wir warnen vor der einseitigen Fixierung der Debatte auf Waffenlieferungen und ein Denken in den Kategorien „Sieg“ oder „Niederlage“. Wir fordern die Bundesregierung auf, ihr Handeln stärker auf friedliche Ansätze zur Konfliktlösung zu fokussieren: Haben Sie den Mut, mehr Diplomatie zu wagen!
Was uns eint, ist die Überzeugung, dass dauerhafter Frieden und eine stabile internationale Friedensordnung nur möglich sind, wenn sich die Stärke des Rechts durchsetzt – und nicht das Recht des Stärkeren. Mit Waffen lässt sich kein Frieden schaffen! Das sehen wir überall da, wo Kriege und Bürgerkriege toben – ob in Syrien, im Iran, im Jemen, im Sudan oder in Äthiopien. Militärische Konflikte und der Einsatz bewaffneter Gewalt bringen Tod, großes Leid und führen zu Flucht und Vertreibung. Unsere Solidarität gilt den Menschen auf der Flucht, egal auf welchem Kontinent. Wir verurteilen alle Regierungen, die Krieg, Unterdrückung, Gewalt und Folter als Mittel der Politik und Instrumente zur Sicherung ihrer Macht einsetzen!
Die Waffen müssen endlich schweigen – überall! Gerade in Zeiten, in denen die geopolitischen Spannungen zwischen Weltregionen zunehmen, ein Rückfall in das Denken in Machtblöcken die Oberhand zu gewinnen droht und ein neuer nuklearer Rüstungswettlauf begonnen hat. Die Zahl unmittelbar einsatzfähiger Nuklearsprengköpfe steigt immer weiter. Gleichzeitig nehmen die Ausgaben für atomare Aufrüstung aberwitzige Ausmaße an und lagen allein im letzten Jahr bei rund 77 Mrd. Euro.
Jeder Euro, der zusätzlich für Aufrüstung ausgegeben wird, fehlt an anderer Stelle. Neue Waffensysteme dürfen nicht mit der Schließung von Krankenhäusern oder dem Verzicht auf Zukunftsinvestitionen bezahlt werden. Die jüngste Häufung weltweiter Extremwetterereignisse führt uns drastisch vor Augen, dass die Bekämpfung des Klimawandels keinen Aufschub duldet. Der dafür erforderliche Umbau unserer Wirtschaft und seine sozial gerechte Gestaltung werden nur gelingen, wenn dafür ausreichend öffentliche Mittel bereitstehen.
Deshalb fordern wir die Bundesregierung auf, von einer – wie es die NATO fordert – weiteren Aufstockung des Rüstungsetats auf zwei Prozent des BIP oder sogar mehr abzusehen und sich mit ihren EU-Partner*innen und im Rahmen der internationalen Staatengemeinschaft für neue nukleare Rüstungskontrollabkommen und eine Eindämmung von Rüstungsexporten stark zu machen.
Wir werden von der Überzeugung getragen, dass wir unsere Ziele nur in großer Solidarität erreichen. Rechtsextreme Positionen und Verschwörungsmythen haben bei uns keinen Platz. Wir werden uns nicht wegen der Hautfarbe, sexuellen Orientierung, geschlechtlichen Identität, Religion oder Behinderung spalten lassen.
Die Welt braucht Frieden! Wir stehen zusammen: für Solidarität, für Gerechtigkeit, für Freiheit und für Frieden – jetzt!
Erklärung des Deutschen Gewerkschaftsbundes zum Antikriegstag
Verantwortlich: DGB-Bundesvorstand, Henriette-Herz-Platz 2, 10178 Berlin, Konrad Klingenburg, Abt. Vorsitzender / Thomas Fischer, Abt. Grundsatzangelegenheiten