Freundschaftsverein Tczew-Witten e.V.



Ein Lese- und Gesprächsabend über polnische Literatur

Dienstag, den 28. 11. 2006 um 19.00 Uhr

im Gemeindezentrum der evangelischen Johanniskirchengemeinde Witten


"Schokolade für die Schuch-Allee" - Eine Erzählung von Hanna Krall

Schokolade für die Schuch-Allee? Schokolade für das Hauptquartier für die SS im besetzten Warschau? Geht es um Verlockungen, um Bestechung oder geht es um Schwarzhandel....?
Hanna Krall, 1937 in Warschau geboren, kommt vom Journalismus her und orientiert sich in der Art ihres Erzählens an eben solchen journalistischen Formen: Reportage, Interview, Recherche...
Als Anfang der achtziger Jahre die politische Situation in Polen in der Ausrufung des Kriegszustandes kulminiert, legt Hanna Krall aus Protest ihre Arbeit als Journalistin nieder und macht aus der Not des Publikationsverbotes eine Tugend. Sie wird Schriftstellerin und macht sich auf die Suche nach den verschlungenen Biographien ihrer Landsleute, insbesondere denen der Juden. In ihrem Montagestil vertraut sie darauf, dass die Fakten für sich sprechen und sie schreibt daher in einem emotionslosen, lakonischen Ton, der aber von einem liebevollen Blick auf die Menschen getragen wird.
Daher heißt „emotionslos“ keineswegs, dass sich der Leser nicht mit den Figuren und dem Geschehen identifizieren könnte; eher ist es umgekehrt so, dass erst die bewusst lakonische und präzise Sprache der Autorin es dem Leser ermöglicht, sich dem, was da an Schrecklichem erzählt wird, überhaupt erst einmal anzunähern. Auf diese Weise wird es dem Leser ermöglicht, bei aller Betroffenheit gleichwohl einen klaren Kopf zu behalten.
Die Autorin zeigt mit ihren Texten eine Einstellung zur deutsch-polnischen Geschichte, in der zwischen Betroffenheit und Mitleid einerseits, Verdrängung und Verleugnung andererseits, ein Blick auf den Menschen in seiner Bedingtheit, aber auch seiner Handlungsfähigkeit geworfen wird. Diese Herangehensweise ermöglicht Verständnis und Verständigung.




Über die Autorin:

Hanna Krall wurde am 20. Mai 1937 in Warschau geboren. Den Krieg überlebte sie in Verstecken auf der arischen Seite. Studium der Publizistik an der Warschauer Universität. Danach Arbeit als Journalistin, zunächst 1957 bis 1966 für »Zycie Wrszawy«, dann 1966 bis zur Verhängung des Kriegsrechts 1981 für die Wochenzeitschrift »Polityka«. Ihr Publikationsverbot brachte Hanna Krall in Verbindung zur Solidarnosc, in deren Zeitung »Gazeta Wyborcza« sie bis heute veröffentlicht. Mit »Dem Herrgott zuvorkommen«, einer literarischen Reportage über Marek Edelman und den Aufstand im Warschauer Ghetto 1943 und dem 1985 in einem Pariser Exilverlag erschienenen autobiographischen Roman »Die Untermieterin« hatte die Autorin ihr Thema gefunden: das Aufspüren von vergangenem jüdischen Lebens in Polen. Hanna Krall arbeitet seit 1979 auch für Theater und Film. In den 90er Jahren nahm sie Stipendien in Berlin und in Iowa wahr. Sie lebt heute als freie Autorin in Warschau. Hanna Krall hat zahlreiche nationale und internationale Preise erhalten, ihre Werke wurden in siebzehn Sprachen übersetzt.
(Angaben des Verlages Neue Kritik, der die Bücher von Hanna Krall in deutscher Sprache publiziert.)





Bücher in deutscher Sprache von

Hanna Krall:

Eine ausnehmend lange Linie / Aus dem Polnischen von Roswitha Matwin-Buschmann. - 136 Seiten
ISBN 3-8015-0377-1

Um das Schicksal der Bewohner eines Hauses in der Altstadt von Lublin lässt die Autorin ein Kaleidoskop aus Ereignissen und Begegnungen entstehen, die sich zu einem Panorama der polnisch-jüdischen Geschichte des 20. Jahrhunderts fügen. Hier führt die Erinnerung einen aussichtslosen Kampf gegen das Nichtwissenwollen.



Ach du bist Daniel / Aus dem Polnischen von Roswitha Matwin-Buschmann. - 120 Seiten
ISBN 3-8015-0360-7

Die äußerst verknappte Erzählweise folgt dem immer fragmentarischer werdenden Gedächtnis der wenigen überlebenden Zeitzeugen. Der Text kann wie ein Tagebuch der polnischen Autorin
gelesen werden, geschrieben mit größter Zurückhaltung und dadurch umso bewegender.



Da ist kein Fluss mehr / Aus dem Polnischen von Roswitha Matwin-Buschmann. - 180 Seiten
ISBN 3-8015-0331-3

Knapp und poetisch verbindet Hanna Krall Einzelschicksale mit historischen Ereignissen und biblischen Motiven. Und so nimmt es nicht wunder, dass neben der Jungfrau von Wlodzimierz von Feldmarschall Rommel, neben dem Don Juan des Otwocker Proletariats von Rabbi Besser aus New York die Rede ist.

In der Stadtbücherei Witten: Signatur:  SL KRAL 



Existenzbeweise. Erzählungen / Aus dem Polnischen von Esther Kinsky. - 202 Seiten
ISBN 3-8015-0288-0

Die Protagonisten dieser Erzählungen entdecken nach Jahren, dass sie Juden sind; sie geben vor, jüdisch zu sein und sind es nicht; sie glauben sich jüdisch, können es aber nicht belegen. Die Wahrheit in sich tragend, ohne sie zu kennen, suchen sie, ihre Existenz zu beweisen.

In der Stadtbücherei Witten: Signatur:  SL KRAL 



Hypnose. Erzählungen / Aus dem Polnischen von Roswitha Matwin-Buschmann. - 245 Seiten
ISBN 3-8015-0306-2

Die Geschichten erzählen, wie gegenwärtig die Folgen des Zweiten Weltkrieges noch sind, und handeln von den ewigen Dingen des Lebens: Angst, Liebe, Eifersucht und Tod, für die Polen, Kanada und Deutschland nur die Kulissen sind.

In der Stadtbücherei Witten: Signatur:  SL KRAL 



Unschuldig für den Rest des Lebens. Frühe Reportagen / Aus dem Polnischen von Hubert Schumann u. a. - 178 Seiten
ISBN 3-8015-0350-X

Hanna Kralls literarische Reportagen erzählen vom Alltag im Polen der siebziger Jahre, von den Ängsten und Träumen seiner Bürger. Sie sind Zeugnisse aus den Tagen des Kommunismus, dessen Realität so manche Absurdität mit sich brachte.







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