Seit einigen Monaten ist die Präsidentin der Europa-Universität Frankfurt/Oder, Gesine Schwan, Beauftragte der Bundesregierung für die deutsch-polnischen Beziehungen. Sie soll im Großen vermitteln, ihre Studierenden machen es im Kleinen. Sie starteten jetzt ein Mediations-Projekt. Vertriebene, die Anspruch auf ihr früheres Eigentum in Polen erheben, sollen sich mit den jetzigen polnischen Eigentümer an einen Tisch setzen. Gestern Abend startete das Vermittlungsexperiment. - Claudia van Laak war dabei.
Seit einigen Jahren strahlt Schloss Merenthin - heute Miercezin - wieder in altem Glanz. Die Unternehmer Piotr Nowakowski und Piotr Olewinski kauften es 1998 und bauten es für vier Millionen Euro zu einem Hotel um. Die Familie von Waldow - bis 1945 Besitzer des Schlosses - wurde wie selbstverständlich zur Einweihung eingeladen. Das Verhältnis war herzlich, bis der 82jährige Alexander von Waldow einen Eigentumsanspruch auf Schloss und Ländereien erhob.
Rechtmäßiger Eigentümer aus meiner Sicht ist die Familie. Das sind im Moment meine drei Cousinen, das sind die rechtmäßigen Eigentümer, aus deutscher Rechtsauffassung.
Eine Auffassung, die nicht durch geltende Gesetze gedeckt ist. Trotzdem waren die heutigen polnischen Eigentümer des Schlosses empört. Sie erteilten Alexander von Waldow Hausverbot. Zumal der emeritierte Architekturprofessor aus Kiel Mitgründer und Aufsichtsrat der Preußischen Treuhand ist - einer Vereinigung von Vertriebenen, die ihr früheres Eigentum einklagen wollen.
Schloss Merenthin ist ein Fall für uns - entschieden daraufhin Studierende der Europauniversität Viadrina. Jakub Krupinski vom Asta weist darauf hin, dass Frankfurt/Oder mit seiner polnischen Nachbarstadt Slubice die ideale Stadt sei für die Vermittlung zwischen Polen und Deutschen.
Frankfurt / oder und Slubice sind zwei Städte, aber eigentlich schon eine Stadt. Wir haben diese Probleme jeden Tag, wir sind eine Mediationsstadt. Also warum setzen wir unsere Erfahrungen nicht produktiv um. Das war unsere Idee.
So lud der Asta Alexander von Waldow und die heutigen Eigentümer von Schloss Miercezin zu einem Vermittlungsgespräch ein, zusammen mit zwei professionellen Mediatorinnen aus Polen und Deutschland. Beide Seiten sagten zu. Schlossbesitzer Piotr Nowakowski.
Ich hatte schon immer ein großes Interesse an unserer Beziehung, aber im Kontext der deutsch-polnischen Beziehungen, weil mir das deutsch-polnische Verhältnis sehr am Herzen liegt. Und die Grundlage zur Lösung des Konfliktes ist es, die eigenen Positionen zu kennen.
Zwölf Stunden haben die beiden Parteien mit professionellen Mediatorinnen an einem Tisch gesessen - hinter verschlossenen Türen. Eine Annäherung der beiden diametral entgegengesetzten Positionen hat es nicht gegeben, daran hatte auch zuvor niemand geglaubt. Jakub Krupinski.
Allein das ist schon ein Erfolg, dass sie gekommen sind und den Willen zeigten und das humane Beispiel zeigten, dass man sprechen kann.
12 Stunden später ist eines erreicht. Alexander von Waldow wird das frühere Schloss seines Onkels wieder besuchen dürfen, das Hausverbot ist aufgehoben.
Alexander von Waldow kann in unser Hotel kommen, nicht aber als Freund. Es ist ein offenen Haus, jeder kann kommen als Gast, aber nicht als Freund.
Wir wissen nicht, wie sich das entwickeln kann, aber auf jeden Fall wissen sie mehr über sich selbst, ihnen ist klar, wer sie sind, und sie können darauf bauen.
Die Studierenden der Universität Viadrina ziehen eine positive Bilanz ihres ersten Vermittlungsversuchs - weitere sollen folgen.
Quelle: URL: http://www.dradio.de/dlf/sendungen/campus/343106/